Vier Österreicher bei der 31. längsten Langstreckenregatta Europoas im August 2019
Wenn eine Regatta schon 12 Stunden dauert und über 165 km führt, dann soll man nicht so viel Zeit für die Organisation verschwenden. Das könnte das Motto unserer Gruppe gewesen sein!
Wir waren dabei – wir haben dem Wetter getrotzt – wir haben unsere Kategorie gewonnen!
Der Artikel ist viiieeeel länger als alle anderen bisher, die Regatta war es auch ;o)
Die Mannschaft:
Unsere spontane Ideengeberin Elke Nigl-Eder von der Ister Linz, vom Steiner Ruderclub: Barbara Peutz, die schnell ja sagt, wenn eine Ruder-Herausforderung ansteht – egal wie weit und lang. Georg Mantler der siegen gewohnt ist und rund um das Jahr die Donau befährt ob Hitze oder Schnee und ich, Martin Wandl als einziger Seerudererer vom Ruderclub Mondsee der keine Erfahrung bei Flußfahrten mitzubringen hatte.
Einig sind wir uns, dass es etwas Mut und LEIDENschaft braucht, unsere Vorbereitung war zwar kurzfristig, aber am Ende doch klar aufgeteilt. Wir waren die einzige ausländische Mannschaft bei der 31. Budapest-Baja Regatta, sind noch nie zuvor miteinander im 4er gesessen und sind ohne jegliche Begleitung die Reise nach Ungarn angetreten.
Georg und Barbara sind beide vom Steiner Ruderclub und haben schon einige hundert Kilometer gemeinsame Erfahrung an der Donau. Georg und Elke sind ein paar Tage vor Ungarn zufällig in Linz zum Rudern im 2x gekommen. Georg und ich haben uns bei der Langstrecke am Wolfgangsee im Boot kennengelernt und konnten die 10 km gewinnen, also einfach 16 ½ mal 10 km und wir waren durch.
Daher war klar, Georg wird zum Chef im Boot und übernimmt im Bug den Ausguck. Elke kümmerte sich um die Buchhaltung im Boot, sie achtete auf die gewünschte Geschwindigkeit und zählte alle überholten Boote. Barbara sorgte in den Pausen für den erforderlichen Sonnenschutz und übernahm irgendwann Georgs Stimme, als ich ihn vom Bug nicht mehr hören konnte. Ich habe den Schlag übernommen und den Schlagzähler einen ganzen Tag konstant auf 24-25 Schläge pro Minute gehalten.
Die Anreise:
Die ursprüngliche Idee einfach nach Budapest zu fahren und mit dem Boot die 165km nach Baja zu rudern, dort auf einen Rücktransport des Bootes und der Mannschaft zu hoffen, wurde dann doch noch verworfen und so ist auch der 1. August zu einer Regatta mit 4er geworden, jedoch auf den Straßen Österreichs und Ungarns.
Ich bin um 8:00 mit dem Bootsanhänger vom RC Mondsee losgefahren Richtung Linz. Dort wartete Elke mit dem Boot (ein Schellenbacher 4x Rennboot) das uns Ister Ruderclub zur Verfügung gestellt hat – vielen Dank! Ab nach Krems um Barbara aufzuladen und einen schnellen Fahrzeugwechsel durchzuführen. (Danke an die Stadt Krems, die uns den Sportbus kostenlos zur Verfügung gestellt hat!) Mit dem Bus nach Wien, wo Georg auf uns wartete um bei einer U-Bahnstation in den Bus nach Budapest zu wechseln. Von ihm kam dann das technische Equipment (Beschallung fürs Boot)
Und auf ging’s auf die Straße Richtung Budapest. Ich hatte so eine Freude, den Bus zu fahren, dass ich garnichtmehr vom Steuer wollte (ja tatsächlich gibt es noch Autos mit Kupplung ). Meine Hoffnung, dass Georg einen Teil der Strecke fahren würde hat sich in Luft aufgelöst – neben Linienschifffahrt fährt Georg nur Bus und Bahn.
Mein fix geplanter Zeitplan für die Anreise hat sich halbstündlich um eine viertel Stunde verzögert aufgrund des Verkehrs. Der Start der Regatta ist im Zentrum von Budapest, d.h. über 2 Stunden Stadt-Autobahn-Stau mit Bus und Bootshänger.
Endlich angekommen, wurde uns die Organisation der Regatta klar, jeder findet sich für sich selbst zurecht. Sehr höfliche Parkplatzwächter wollten uns am hinteren Ende eines Platzes stehen lassen, was bedeutet hätte, das Boot etwa 2 km mit dem gesamten Equipment zu tragen. Wir waren beharrlich genug und am Ende stieg einer der Securities (der sogar Englisch gesprochen hat) in unseren Bus, um uns an eine andere Stelle zu bringen, wo wir da Boot abladen konnten.
Barbara und Georg blieben beim Boot um aufzuriggern – und!! Wir waren am falschen Ufer, das Boot musste über einen Seitenarm von den beiden zum Regattaplatz gerudert werden, inklusive 4 Paar Skulls, Böcken, Wasservorrat und Gepäck. Elke und ich machten uns auf die Reise nach Baja mit dem Bus und dem leeren Hänger. Elke konnte ein privates Taxi organisieren, das auf uns in Baja wartete.
Laut meinem Plan sollten wir um 16:30 in Budapest ankommen und um 19:00 in Baja in unser Taxi steigen nach Budapest um dort easy ein paar Nudeln zu essen und einen Abend in Budapest zu genießen. Naja, war halt nicht so.
Elke fuhr mit Bleifuß die letzte Strecke und wir kamen etwa um 22:00 in Baja an und es erwartete uns Soltan, ein ehemaliger Rennfahrer, der mit der gesamten ungarischen Polizei bereits Schwierigkeiten hatte und schon sehr viele Unfälle hinter sich hatte. Er wollte uns mit hoher Geschwindigkeit zurück nach Budapest fahren, damit wir noch etwas schlafen könnten. Sein Repertoire an Geschichten war unerschöpflich und so haben wir die Strecke, für die wir mit Hänger knapp 2 Stunden gebraucht haben in 1h20min hinter uns gebracht.
Um 00:15 dann in einer wunderbaren Wohnung in Budapest angekommen (Danke Barbara fürs Organisieren super Quartier wunderbar renovierter Altbau in bester Lage und danke fürs fotografieren der Wohnung, wäre echt eine Reise wert!) – Also vom schönen Quartier hatten wir nix; Dusche, Bett und Wecker auf 4:00 Uhr.
Barbara und Georg haben für den nächsten Tag Frühstück organisiert.
Die Regatta:
Und um 4:45 stand auch schon ein Taxi vor der Tür zum Regattaplatz.
Mit Wasser- und Speisevorräten (ja Cabanossi ist zwar sehr gut, aber zu viel ist zu viel ;o)), Boxen, Handys, Ladegeräten, Spiegeln, Sonnencreme, StrokeCoaches und Pulsuhren, sind wir dann vom besagten Parkplatz zum Start der Regatta gewandert.
Elke durfte eine Startnummer aussuchen und auf ungarisch hat sie unsere ungefähre Startzeit erfahren (im Finsteren mit einem Kuli auf einer ungarischen Armbanduhr). Wir dachten 5:25 Uhr und so sind die Männer noch aufs Klo gelaufen (ja, die Männer!)
Um 5:29 Uhr sind wir dann gestartet als letztes Boot, alle anderen waren schon nicht mehr zu sehen. Start wäre um 5:20 gewesen – aber egal
Mein noWaste Wasserbeutel mit Trinkschlauch unter dem Rollsitz war eine geniale Idee. (danke an Wast Noppinger und GruberSchankSysteme)
o.k. ich hab am Start vergessen, dass der Schlauch offen im Boot liegt, so haben wir 1-2 Liter meines kostbaren Wassers aus dem eigenen Brunnen im Boot gehabt. (sollte bald egal sein ;o))
Elkes selbst gebackenes Brot, Müsliriegel und Cabanossi mussten etwas Wasser aufsaugen.Alle Flaschen verstaut, die wasserfeste Box von Georg im Mittelschiff montiert und mit shuffle wurde unsere zusammengestellte Playlist gestartet.
Ok, die Rollen waren vielleicht doch nicht so klar verteilt, wir waren uns zum Beginn nicht sehr einig, wer denn jetzt das Kommando im Boot hat.
Das ging aber dann sehr schnell voran – unglaubliche 1:40/500m am Stroke Coach dank Budapester Strömung und schon sahen wir die ersten Gegner vor uns und Elke konnte ihre Überholstatistik starten.
Georg war genial im Bug und hat uns einen schnellen Kurs verschafft.
Mein rechter Fuß begann bald mal zu verkrampfen, denn ein Rennboot mit Fußsteuer durch die Strömung gerade zu halten bedarf einiges an Steuerarbeit.
Außer den 44 Booten der Regattateilnehmer waren kaum Schiffe am Wasser. Die Manöver neben den Frachtschiffen waren großteils sehr gut, leider sind wir bei 2 Schiffen nicht ideal zur Bugwelle gestanden, spätestens jetzt war es egal, dass ich etwas Wasser verloren hab aus meinem Trinksack.
Schmerzen vom Rudern:
Nach etwa 35 km hat sich meine rechte Arschbacke verabschiedet und ein ziehender Schmerz zog sich durch mein rechtes Bein.Die Sonne brannte jetzt heiß herunter und wir hatten sicher wieder die 30 Grad vom Vortag erreicht.
Erste Pause bei Km 40. Pinkeln, Turnen im Boot, Sonnencreme auftragen, trinken, Handschuhe anziehen und hoffen, dass die Schmerzen nachlassen.
Technik Studien unserer Gegner haben uns sehr schön abgelenkt, da müssen einige viel mehr Schmerzen gehabt haben als wir.
Die nächsten 60 km waren dann sehr schnell und tatsächlich haben die Schmerzen im Hintern nachgelassen. Bei 100 km waren wir auf Rekordkurs und voller Euphorie, ein netter Platz am Ufer hat zu einer Pause eingeladen, raus aus dem Ruderanzug und rein in die (schöne blaue??) Donau, o.k. das Wasser hatte nicht Mondseequalität.
Elkes Statistik der überholten Boote hat sich jetzt wieder in die andere Richtung entwickelt.
Wieder am Wasser, war ein schneller Doppelzweier war ein sehr guter Antreiber für uns, die beiden Männer sind wie wir, schon kaum ohne Strömung 2:00 bis 2:05 auf 500 gefahren. Irgendwann mussten sie stoppen und sind im Boot umgefallen um sich einigermaßen zu erholen.
Der Frachter „Milan“ war eine gefühlte halbe Stunde neben uns flussabwärts unterwegs. Millimeter für Millimeter fuhr er an uns vorbei, doch bevor die Welle vom Heck uns erreichen konnte hab ich 20 Schnelle Schläge angesagt – und schon waren wir wieder vor dem Schiff.
Die Betreuung auf der Regatta war nicht einzigartig aber wenigstens einmalig, circa bei km 125 bei Kalocsa an einer sehr breiten Stelle der Donau kam ein Schlauchboot mit Motor zu unserem Boot. Wir legten kurz blatt und das Schlauchboot fuhr bis an unsere Ausleger. Freundlich haben wir zwei tiefgefrorene Flaschen Wasser erhalten. In der Hitze war das eine sehr gute Idee, im Hals war es jedoch wie Messerstiche. Gut gemeinte Betreuung, die einzige und letzte vorm Ziel.
Vor die brennende Sonne schoben sich immer mehr Wolken und ein schweres Gewitter zog auf. Der Sturm hat uns zur Vernunft gebracht und wir sind mit unserem Rennboot an Land gegangen um bei einer sehr netten Fischerhütte Unterschlupf zu bekommen, andere Teilnehmer, die z.T. breite Boote fuhren, sind weitergefahren.
Ein Ungar, der in der Schweiz gelebt hatte, konnte uns auf Deutsch empfangen, Kaffee zur Stärkung und wir durften dabei sein, wie Karpfen vorbereitet wurden um später auf den Grill zu kommen. Sitzen war nicht mehr möglich, so sind wir gestanden oder neben Kübeln mit Fischfutter herumgelegen. Wir mussten über eine Stunde Zwangspause machen und unsere Chancen auf eine spitzen Zeit schwand dahin. Elke wurde zum Überfluss noch von Insekten angegriffen. Als Sturm und Regen wieder eine Pause gemacht haben, sind wir zurück aufs Wasser.
Hier beginnt das Kapitel, Lebensgefahr auf der Donau. Der erste Sturm hatte sich gelegt und wir konnten in einigermaßen ruhigem Wasser wieder losfahren.
Bis der Himmel und das Wasser eine einheitliche graue Farbe annahmen, die sehr gespenstisch wirkte. Blitze links und rechts von der Donau, Lautes Grollen vom Donner und dann plötzlich kam Regen auf und etwas mehr Regen und noch mehr Regen. Wie aus Kübeln ergoss sich das Wasser über uns. Georg meinte, er möchte stehen bleiben für ein Foto. Keine Chance, das Boot hat sich wie eine Badewanne gefüllt. … und dann endlich nach ein paar Kurven der ersehnte Blick auf die Brücke in Baja.
Wir erwarteten einen Empfang an der Donau, der uns die Einfahrt in die Flussmündung, die es noch 1km flussaufwärts zu fahren galt zeigte – vergebens.
Zum Glück entdeckten wir im Vorbeifahren einen Teilnehmer mit einem Kajak auf dem Fluß, so bogen wir ein und Georg rief aus zum Sprint, um noch ein Boot überholen zu können. Also fuhren wir mit Schlagzahl 34 Richtung Ziel durch den Regen.
Aus dem Hintergrund wurden wir um 18:40 mit Musik empfangen. Junge Ruderer waren so nett und wollten unser Boot an Land bringen – unmöglich mit dem Gewicht, so halfen Georg und ich mit letzten Kräften mit.
Die größte Freude bereiteten uns Hollersaft aus einem 30l Kübel und Schmalzbrot mit Zwiebel, Tomaten und Paprika.
Weniger Freude bereitete uns, dass unsere Zimmerbuchung nicht berücksichtigt worden ist. Wir hatten kein Quartier, alternativ wurde uns ein Schlafsaal für 10 Männer/Frauen angeboten. Ich habe Elke, Barbara und Georg frierend zurückgelassen und bin von einer sehr netten Dame zu unserem Bus und Hänger gefahren worden. Dort verhandelte ich auch über ein Quartier für die kommende Nacht.
Am Ende hatten wir eine „nette Hütte im Wald“ statt einem klimatisierten Zimmer, Gelsen im Zimmer statt kühler Luft.
Ein großes Abendessen in einem sehr netten Lokal haben zumindest Barbara und ich noch genossen. Elke und Georg wollten nicht mehr viel wissen von der ungarischen Küche.
Von 44 Teilnehmern haben 12 aufgeben müssen. 1 Boot wurde leider an einer Boje zerstört.
Wir haben trotz der großen Pause unsere 4x Mix Kategorie klar gewinnen können. Ein Männer Vierer war etwas schneller. 13 Stunden 20 Minuten, abzüglich unserer 10 Minuten Startverzögerung und etwas mehr als 1 Stunde Pause waren wir netto 12 Stunden am Rudern.
Die Sprintregatta am Samstag wurde aufgrund zu weniger Teilnehmer und des Wetterberichts abgesagt. Die Dame von der Organisation war so nett und hat uns schon vor der Siegerehrung Preise und Geschenke überreicht. Ihr gilt ein großes Dankeschön für die Hilfe mit dem Zimmer.
Wir packten nach einem Frühstück unsere Sachen und machten uns wieder für eine lange Heimreise bereit. Diese Kapitel hab ich zur Hälfte verschlafen, dank Elke, sie hat uns gut heimgebracht.
Unser Resümee:
Eine einzigartige Regatta, eine einmalige Erfahrung, ein unvergessliches Erlebnis!
Würden wir wieder fahren? –> Am Ende der Regatta ein klares NEIN!
Am Heimweg ein klares: JA, wenn jemand den Hänger fährt für uns, wir unsere Pausen klarer planen und das Wetter besser angesagt ist ;o))
Und wie steht es auf den Teilnehmershirts: „Nächstes Jahr kannst Du dabei sein!“